Über Beziehung und Bindungsverhalten

Händchen halten ist ein Ausdruck von Zuneigung und Nähe. Nicht nur bei verliebten Paaren, sondern auch bei Eltern und Kindern oder am Sterbebett im Hospiz. So sehr wir das Festhalten brauchen, so sehr brauchen wir auch das Loslassen. ⁠

Das Spiel von Nähe und Distanz ist ein Kernthema in Beziehungen und nach dem Kinderarzt und Psychoanalytiker John Bowlby auf unser jeweiliges Bindungsverhalten besonders mit der Mutter, aber auch mit dem Vater in der Kindheit zurückzuführen. ⁠
Während seiner Arbeit stellte er drei Bindungstypen fest: Etwa 50% der Bevölkerung sind der sichere Beziehungstyp.
Dieser fühlt sich mit Nähe wohl, kann auch Distanz gut ertragen und ist in der Lage, stabile Partnerschaften zu führen. Sein besonderes Merkmal: Er ist fast immer in Beziehungen und selten Single. ⁠

Dieser Typ entwickelt sich meist aus der Verbindung mit einer ‚idealen Mutter‘: Warmherzig, aufmerksam und verständnisvoll, weiß sie sich an die Reaktionen des Kindes anzupassen und reagiert schnell auf Geschrei. ⁠
Allerdings kann der Bindungsstil sich im Laufe der Kindheit verändern und sogar in eine andere Kategorie wechseln. Der Vater ist ebenfalls eine wichtige Figur, er kann den Einfluss der Mutter verstärken oder abmildern.⁠

Die anderen 50% teilen sich die beiden unsicheren Bindungstypen.
Der unsicher ambivalente Beziehungstyp braucht viel Nähe und sorgt sich, ob sein Partner ihn genug liebt. Wenn er sich zurückgewiesen fühlt, verstärkt er seine Bemühungen, denn er glaubt, Liebe müsse man sich verdienen. Alle Anzeichen der Unabhängigkeit des anderen werden als beunruhigend empfunden.⁠

Dagegen setzt der unsicher vermeidende Beziehungstyp Intimität und Nähe häufig mit dem Verlust der Unabhängigkeit gleich und sucht Distanz, weil ihm Autonomie und Selbstbestimmung wichtig sind. Er sehnt sich nach Nähe, aber gleichzeitig benötigt er Abstand, um nicht in der Beziehung aufzugehen. Sehr charakteristisch ist, dass er dadurch zweideutige Signale sendet. ⁠⠀
Die Crux: Der ambivalente und vermeidende Bindungstyp ziehen sich meist gegenseitig an. ⁠

Gerätst du immer wieder an Menschen, die unerreichbar sind, die sich zurückziehen, wenn du Nähe möchtest? Oder ist dir vieles zu viel und du fühlst dich eingeengt? Schwacher Selbstwert sucht Bestätigung und Anerkennung. Aber eben nicht nur durch Nähe, sondern auch durch Distanz. Denn hinter dem Verhalten des vermeidenden Typs steht die Angst davor, sich in der Bindung selbst zu verlieren und die Selbstbestimmung aufzugeben. Er ist überzeugt, nicht bestehen zu können gegen einen starken Partner, der seine Wünsche deutlich formuliert und einfordert.

 

Hast du Fragen oder suchst Unterstützung, um deine Beziehung oder dein Bindungsverhalten zu verstehen? Dann melde dich gern.